So geht sächsisch nicht
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,
Es ist schon ein wenig bizarr wie Sie sich hier von der AfD hier hinstellen, um dem Hohen Haus zu erklären, wie sächsisch nicht geht. Und ich habe geahnt, dass es in einer Patriotismus-Debatte enden wird, gefolgt von der CDU. Ich will mal sagen Patriotismus ist laut Definition: Nationalgefühl, Nationalstolz und weiter heißt es übersteigert: Nationalismus und ich finde, dass ist ein ganz kleiner gefährlicher Schritt. Und ausgerechnet Sie bringen dieses Thema auf´s Tapet, ausgerechnet Sie, die sich doch sonst so gerne als Partei des „kleinen Mannes“ gerieren, darüber aber vergessen zu sagen, dass Sie unter anderem, wenn es nach Ihnen ginge, die Arbeitslosenversicherung privatisieren, die Erbschaftssteuer abschaffen, den Spitzensteuersatz senken und die Hartz-IV-Bezüge kürzen wollen. Im Gegenteil: Sie fordern Bürgerarbeit unter Mindestlohn und nennen dieses dann „Jobkiller-Gesetz“. Und ich nenne das die Aufhebung, nein, die Zerschlagung des Solidarstaatsprinzips.
Ihre Traumfamilie besteht aus Vater, Mutter und drei Kindern, um die Schrumpfung des deutschen Volkes, wie Frau Petry sagt, zu verhindern, am Besten, wie auf einem Foto Ihrer Postille vom letzten Monat zu sehen, in der Ästhetik der deutschen blonden Frau im Dirndl vor dem Hintergrund einer unberührten Natur und da kann ich Ihnen nur sagen, dass sie vergessen, mit Ihrer Alternative wird es diese Natur nicht mehr lange geben. Denn Ihrem Forscherdrang entspringt die Weisheit: Je mehr CO2 in der Atmosphäre, desto besser das Pflanzenwachstum.
Mit anderen Worten bräuchten wir nach Ihrer Auffassung keine Energiewende, wir verbrennen weiter Kohle, nun auch Dank der CDU, für eine üppigere Flora und lassen diese gleich noch in besseren Farben erstrahlen. Denn mit Ihnen gäbe es auch keinen Atom-Ausstieg.
Mit Ihnen gäbe es laut Frau Storch und Frau Petry an unseren Grenzen dieses Landes und somit auch in Sachsen den Schießbefehl. Ihr AfD-Vize Alexander Gauland fordert „Wir müssen die Grenzen dicht machen und dann die grausamen Bilder aushalten”, man „könne sich nicht von Kinderaugen erpressen lassen.“
Zu all dem darf es in diesem Land nicht kommen. Denn so geht sächsisch garantiert nicht.
Das Außenbild Sachsens leidet durch fremdenfeindliche Übergriffe, brennende Asylbewerberheime, durch Pegida in Dresden, das desaströse Vorgehen im Fall von al-Bakr und die öffentliche Selbstdarstellung und Überhöhung der Sächsischen Regierung.
Wir haben Probleme mit Kinderarmut, Langzeitarbeitslosigkeit, mit prekärer Arbeit und prekären Lebenssituationen. Auch bei uns spreizt sich die Schere zwischen arm und reich weiter und das ist ein Hauptgrund für die zunehmende Unzufriedenheit. Polizei- und Lehrermangel, die unbefriedigende Gesundheitsversorgung auf dem Land alles Ergebnis 25jähriger CDU-Herrschaft in diesem Lande. Aber all dies wird immer wieder gedeckelt mit dem Gerede von „Wir sind das Bundesland Nummer 1“, „Wir haben die geringste Verschuldung“, „Wir sollten stolz auf das sein, was wir seit der Wende erreicht haben!“ Ja wir haben viel seit der Wende erreicht, auch immer durch den Finger in der Wunde durch die Opposition. Das kann ich Ihnen sagen, meine Damen und Herren von der CDU. Aber das Rad der Geschichte dreht sich weiter und viel schneller und die der Menschheitsentwicklung. Wollen wir das Erreichte nur konservieren, verwalten, festhalten an dem Alten, ohne eine Idee von Morgen und Übermorgen?
Hier geht es nicht um „Sachsen-Bashing“, sondern hier geht es um die Probleme der Zeit, diese offen zu benennen und in einem demokratischen Prozess zu diskutieren und zu lösen.
Jetzt geben Sie doch mal zu, dass Sie in den letzten Jahren nicht alles richtig gemacht haben. Und jetzt Patriotismus zu fordern von den Sächsischen Bürgerinnen und Bürgern, das wäre nicht nur das Wegsperren der Probleme und nicht nur eine Verschleierung der Realität, es wäre auch einfach nur gefährlich zu dieser heutigen Zeit. Wissen Sie, es fehlt Ihnen einfach die Vision für das große Ganze, für ein gerechtes, friedliches, gemeinschaftlich- demokratisches Zusammenleben. Wissen Sie, was ich mir wünschen würde, Sie würden öfter mal das Grundgesetz in die Hand nehmen, das tun Sie ja vielleicht, aber es dann auch lesen und danach handeln. Denn da stehen sie alle drin, die Sätze:
- Die Würde des Menschen ist unantastbar.
- Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
- Männer und Frauen sind gleichberechtigt.
- Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens unverletzlich.
- Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
Wissen Sie, ich wünschte mir eine Regierung, die sich im Bundesrat für eine Erhöhung der Regelsätze, für eine Kindergrundsicherung stark macht, die sich für die Verteilung von oben nach unten und nicht umgekehrt im Wahn neoliberaler Glaubenssätze einsetzt, für die nicht nur die Wirtschaft im Mittelpunkt steht, sondern der Mensch, der soziale Gerechtigkeit nicht nur Lippenbekenntnis ist. Die dafür sorgt, dass Bildung, Gesundheit und Kultur allen Menschen zugänglich sind.
Eine Regierung, die handelt, statt Symbolpolitik zu betreiben, denn so ginge sächsisch und dazu sind wir bereit.
Vielen Dank.