Filmabend “Der marktgerechte Mensch”

Ein Film von unten
von Leslie Franke & Her­do­lor Lorenz

 

Wann: 26.02.2020, 19 Uhr

Wo: Wahlkreis-Kul­tur­büro Franz Sodann, Mar­i­an­nen­str. 101, Leipzig

 

Pres­se­text:
Europa ist im Umbruch. Seit dem neuen Jahrtausend und zulet­zt nach der Finanzkrise wur­den neue Weichen gestellt. Die soziale Mark­twirtschaft, gesellschaftliche Sol­i­darsys­teme, über Jahrzehnte erstrit­ten, ste­hen zur Dis­po­si­tion. Beson­ders der Arbeits­markt und mit ihm die Men­schen verän­dern sich ras­ant.

https://www.youtube.com/watch?time_continue=13&v=acu15QiSJ10&feature=emb_logo

Hier set­zt der Film „Der mark­t­gerechte Men­sch“ an.
Noch vor 20 Jahren waren in Deutsch­land knapp zwei Drit­tel der Beschäftigten in einem Vol­lzeitjob mit Sozialver­sicherungspflicht. 38% sind es nur noch heute. Aktuell arbeit­et bere­its die Hälfte der Beschäftigten in Unsicher­heit!

Der Film zeigt Fahrer*nnen für Essensliefer­an­ten, die von einem Algo­rith­mus ges­teuert wer­den, Beschäftigte des Einzel­han­dels, die auf Abruf arbeit­en, Crowd­work­er, die auf Inter­net-Plat­tfor­men mit der ganzen Welt konkur­ri­eren. Auch Men­schen in bish­er sich­er geglaubten Arbeitsstruk­turen an Uni­ver­sitäten erleben wir in befris­teten Arbeitsver­hält­nis­sen. Hier gibt es Pla­nung­shor­i­zonte von nur weni­gen Monat­en bis zu einem Jahr. Dr. phil. Dr. rer. med. Peter Ull­rich freut sich über einen neuen Ver­trag für einen Monat: „Die Rente ist gesichert,“ feixt er.

All diesen mod­er­nen Arbeitsver­hält­nis­sen ist eines gemein: Der Arbeit­ge­ber zieht sich aus sozialen Verpflich­tun­gen zurück und lädt das wirtschaftliche und soziale Risiko auf den Rück­en der Beschäftigten. Dabei stellt der Sozi­ologe Simon Schaupp eine gewollte Atom­isierung der Beschäftigten fest. „ Eine Ten­denz, die intendiert, dass Leute isoliert wer­den und sich nicht so lästig selb­stor­gan­isieren.“

Bei mit­tleren- und oberen unbe­fris­teten Leitungspo­si­tio­nen stellt sich das zwar etwas anders dar. Aber auch hier wird die Ver­ant­wor­tung für das Schick­sal des Unternehmens gerne auf die Mitarbeiter*innen abgeschoben. Beliebt ist das „Man­age­ment by cri­sis“ – die Beschäftigten sollen das Unternehmen ret­ten. Sie opfern sich dann auf, wid­men ihr ganzes Leben der Fir­ma. Was sie aber nicht davor ret­tet, am Tele­fon gekündigt oder wie ein Schw­erver­brech­er von der Secu­ri­ty vor die Tür begleit­et zu wer­den. Wis­senschaftler erk­lären, wie solch­er Stress und „aus­geschlossen sein“ sys­tem­a­tisch kör­per­liche Krankheit­en aus­lösen.

Der Film zeigt Beispiele, wie Men­schen an dieser Last und Unsicher­heit zer­brechen, wie Depres­sion und Burnout das Leben zur Hölle machen. Selb­st in dieser fatal­en Sit­u­a­tion glauben noch viele, an ihrem Schick­sal schuld und ein Einzelfall zu sein. Fatal ist, dass all diese gezeigten Arbeits- und Lebens­for­men oft mit sozialer Isolierung und Ein­samkeit ver­bun­den sind – Symp­tome eines zer­brechen­den Bindegewebes der Gesellschaft.

In ein­er Welt, die von Konkur­renz, Aus­beu­tung und uneingeschränk­ter Frei­heit der Inve­storen getrieben ist, gibt es ein wesentlich­es Prinzip: „Race to the bot­tom“, der Wet­tbe­werb um immer schlechtere Arbeits­be­din­gun­gen und niedrigere Löhne bei mis­sachteter Men­schen­würde.

DER MARKTGERECHTE MENSCH zeigt unter welchen Bedin­gun­gen Fahrer von osteu­ropäis­chen Sub­un­ternehmern in der LKW- Trans­port­branche arbeit­en und Nobelket­ten der Tex­til- und Bek­lei­dungsin­dus­trie. Diese lassen ihre Pro­duk­te in Osteu­ropa von Arbei­t­erin­nen fer­ti­gen, die 12 Stun­den, 7 Tage die Woche Pro­duk­te im Akko­rd zusam­men­nähen, für einen Lohn der fünf­fach unter dem Exis­tenzmin­i­mum liegt. Und den­noch zieht die Karawane weit­er dor­thin, wo die Bedin­gun­gen für Inve­storen noch gün­stiger sind.Im Focus ste­ht Äthiopi­en: Die Arbei­t­erIn­nen ver­di­enen dort 27 Dol­lar im Monat, das ist die Hälfte des Lohn­niveaus von Bangladesh! — Dieser Wahnsinn ist nicht alter­na­tiv­los.

Der Film stellt Betriebe vor, die nach dem Prinzip des Gemein­wohls wirtschaften, Beschäftigte von Liefer­di­en­sten, die einen Betrieb­srat grün­den und die Kraft der Sol­i­dar­ität von jun­gen Men­schen, die für einen Sys­temwan­del ein­treten. „Der mark­t­gerechte Men­sch“ ist ein Film, der Mut macht, sich einzu­mis­chen und zusam­men­zuschließen. Denn ein anderes Leben ist möglich.

Der Ein­tritt ist frei!