Rede zum Antrag “Runder Tisch Kultur”

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Sehr geehrter Herr Präsi­dent Kol­legin­nen und Kol­le­gen,

auf der Tage­sor­d­nung der Antrag unser­er Frak­tion DIE LINKE: „Mehr Kul­tur wagen: Run­den Tisch für eine langfristige und tragfähige Per­spek­tive der Kun­st und Kul­tur in Sach­sen ein­richt­en”.

Ich habe Ihnen Gestern wohlwol­lend zuge­hört, Frau Min­is­terin Klep­sch, Sie sprachen vom „Auf­passen“, dass uns die kreative Kraft in Sach­sen nicht ver­loren gehen darf, von kul­tureller Bil­dung, dem Zusam­men­wirken von Kul­tur und Schule, ich freu mich jet­zt schon auf die Behand­lung unseres Antrags zum The­ma: „Zusam­me­nar­beit von Kul­turein­rich­tun­gen und Schulen für die Wieder­eröff­nung nutzen“ im näch­sten Kul­tur­auss­chuss. Am Ende gaben Sie noch ein per­sön­lich­es Beken­nt­nis für die Kun­st und Kul­tur dieses Lan­des ab, ich bin wirk­lich ges­pan­nt auf die heutige Diskus­sion. Die Worte hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube und die Tat.

Für die Kun­st und Kul­tur, deren Ein­rich­tun­gen, Akteurin­nen und Akteure stellen die Jahre 2020/21 bish­er eine beispiel­lose Zäsur dar. Seit rund einem Jahr befind­en sich Viele im Kul­turbere­ich, fak­tisch im Lock­down. Ein Ende ist für alle Betrof­fe­nen nicht in Sicht. Daran ändert auch die seit dem 8. März 2021 noch gel­tende Säch­sis­che Coro­na-Schutzverord­nung nichts. Zwar sieht die Verord­nung eine schrit­tweise Öff­nung von Kul­turein­rich­tun­gen vor, doch wann und in welchem Umfang sie den Betrieb wieder aufnehmen kön­nen, scheint von eini­gen Aus­nah­men abge­se­hen, nach wie vor höchst ungewiss, wird die Verord­nung ohne­hin auf­grund der Ver­längerung des Lock­downs angepasst wer­den müssen.

Trotz finanzieller Unter­stützung­spro­gramme von Bund und Land ist die Lage von Kün­st­lerin­nen, Kün­stler und Kul­turschaf­fend­en drama­tisch. Die Maß­nah­men zur Pan­demiebekämp­fung tre­f­fen die Kul­tur- und Kreativwirtschaft, beson­ders die freien darstel­len­den Kün­ste, hart. Neueste Zahlen ein­er Analyse des Kom­pe­tenzzen­trums der Kul­tur und Kreativwirtschaft, in Auf­trag gegeben durch die Bun­desregierung und das Wirtschaftsmin­is­teri­um, leg­en hier einen Umsatzrück­gang in 2020 von 85% zu Grunde, weit­er stark betrof­fen ist die Musik­wirtschaft mit 54%, der Kun­st­markt mit 51% Umsatzaus­fall, für 2021 wird mit ähn­lichen Zahlen gerech­net.

Viele Kun­st- und Kul­turein­rich­tun­gen hat­ten schon während des Ersten Lock­downs im März 2020 mit Ein­fall­sre­ich­tum und einem großen per­son­ellen und finanziellen Aufwand aus­ge­feilte Hygien­ekonzepte erstellt, um wieder arbeit­en zu kön­nen, wenn auch nur im ver­min­derten Maße. Von den zuständi­gen Behör­den waren die Hygien­ekonzepte genehmigt wor­den. Doch der Nach­weis, nicht zu den Infek­tion­sh­er­den zu gehören, hat ihnen nichts genutzt. Vor allem die zahlre­ichen Solo-Selb­st­ständi­gen, die hybrid Beschäftigten sowie die kleinen Betriebe ohne hohe Betrieb­skosten fie­len in der Ver­gan­gen­heit bei den Wirtschaft­shil­fen des Bun­des durch das Raster. Je länger der Still­stand in Kun­st und Kul­tur andauert, desto größer wer­den die Exis­ten­znöte von Kün­st­lerin­nen, Kün­stlern und Kul­turschaf­fend­en, suchen sie sich ver­mehrt andere Berufe, um ihre Exis­tenz zu sich­ern. Eine Umfrage des Berlin­er Musikrates hat gezeigt, dass dort bis jet­zt 29% der freien Musik­erin­nen und Musik­er keine beru­fliche Per­spek­tive mehr sehen und einen Beruf­swech­sel pla­nen oder bere­its vol­l­zo­gen haben. Sie wer­den dementsprechend nach der Pan­demie auch als päd­a­gogis­che Lehrkräfte nicht mehr zur Ver­fü­gung ste­hen. Ähn­lich­es lässt sich für Sach­sen ver­muten, bestäti­gen per­sön­liche Erfahrun­gen.

Dazu kommt, dass die Verteilungskämpfe um die knap­pen Mit­tel, sollte die Pan­demie doch ein­mal über­standen sein, nicht geringer wer­den, son­dern größer. Weil dann erst das ganze Aus­maß an krisenbe­d­ingten Ver­lus­ten von Pro­duk­tion­ska­paz­itäten und kul­turellen Ein­bußen sicht­bar wer­den wird.

Und die Schwierigkeit­en für einen Neube­ginn des kul­turellen Lebens in Sach­sen wach­sen eben­so. Intellek­tuelle und men­tale Kapaz­itäten, die durch eine lange Pro­duk­tion­sun­ter­brechung brach­liegen, lassen sich nur schw­er wieder­beleben. Ein­mal zer­fal­l­ene kul­turelle Milieus kön­nen nicht in gle­ich­er Weise wieder­hergestellt wer­den wie ein Haus, ein Gebäude.

Die Kun­st und Kul­tur, die Kün­st­lerin­nen, Kün­stler und Kul­turschaf­fend­en dieses Lan­des brauchen endlich Per­spek­tiv­en, die nicht nur kurz gedacht bis zur Öff­nung reichen, son­dern auch die Wirtschaftlichkeit nach Wieder­eröff­nung in den Fokus rückt, denn auf­grund von Hygien­e­maß­nah­men wird eine volle Aus­las­tung mit Besucherin­nen und Besuch­ern nicht möglich sein. Das bet­rifft in beson­der­er Weise wieder die freie Szene und pri­vate Betreiber. Es muss darüber gere­det wer­den, wie Neustart Kul­tur gelin­gen kann in dem alle Sparten mitgenom­men wer­den. Der Bund gibt Geld, die Impulse, die Zukun­ft, die Umset­zung find­et jedoch in den Län­dern statt. Darüber muss gesprochen, disku­tiert wer­den, am besten an einem Run­den Tisch Kul­tur, wie unser Antrag ihn fordert.

Es sollte auch endlich begonnen wer­den, auch über diese Zeit hin­aus zu denken und Ideen zu entwick­eln, wie es ins­ge­samt mit der Kun­st und Kul­tur hier in Sach­sen weit­er gehen soll, was kann, will und möchte das Land sich wie leis­ten jet­zt und in Zukun­ft. Das heißt Per­spek­tive, das heißt Entwick­lung. Darüber muss gere­det wer­den und das am besten an einem Run­den Tisch Kul­tur.

Man kann sich des Ein­drucks nicht erwehren, wenn man sich nur den geplanten Haushalt 21/22 anschaut, ich sage nur Sta­tus Quo mit leicht­en Kürzun­gen, dass Sie wirk­lich glauben, dass mit der Öff­nung alles wieder gut ist. Dass der Kul­turbe­trieb nach Coro­na genau der gle­iche wie vor Coro­na sein wird. Und ich sage ihnen: Das wird er mit­nicht­en, Kol­legin­nen und Kol­le­gen der Regierung und Regierungs­frak­tio­nen. Ich mache mir keine Sor­gen um Bau- und Tech­nikmärk­te, auch nicht um die Aus­las­tung von Flü­gen nach Mal­lor­ca, da wird der Kon­sum wieder ansprin­gen, den Alten über­flügeln. Aber der Kul­turkon­sum, der Gas­tronomiekon­sum, das inner­städtis­che Leben wird, so ver­muten viele Insti­tu­tio­nen, Vere­ine und Ver­bände ein ander­er sein.

Vielle­icht kommt es zur Rezes­sion, ein­er Häu­fung von Insol­ven­zen, steigen­der Arbeit­slosigkeit, in deren Folge den Men­schen weniger Geld zur Ver­fü­gung ste­ht, sie sich ein Extra nicht so gut leis­ten kön­nen, oder auch wollen, weil eine Art Selb­stkon­di­tion­ierung durch die Pan­demie zur Vor­sicht vor gesel­ligem Beisam­men­sein führt und Vor­sicht wird uns noch eine ger­aume Zeit begleit­en, sie wird uns auch schützen.

Welche Auswirkun­gen wer­den die hohe Schulden­bil­dung, die gerin­geren Steuere­inah­men auf die Haushalte der Län­der, des Bun­des, der Kom­munen haben und damit auf die Kul­ture­tats. Die Zeichen und poli­tis­chen Diskus­sio­nen in eini­gen Kom­munen ste­hen jet­zt schon auf Rot. Darüber muss gesprochen wer­den und das am besten an einem Run­den Tisch Kul­tur.

Krise als Chance einen wirk­lichen Neustart Kul­tur für Sach­sen hinzule­gen, in dem die Kul­tur­förder­sys­teme des Lan­des und des Bun­des krisen­sich­er gestal­tet wer­den. Sie den neuen Bedürfnis­sen, ob dig­i­tal, ob ana­log im Freien, im Gebäude mit Belüf­tungssys­tem, ob Solo-Selb­ständig, als Com­panie, fest oder frei, großer Tanker oder Wohnz­im­merthe­ater, dass sie angepasst wer­den, sich weit­er entwick­eln und so zur Sta­bil­ität beitra­gen. Nicht nur bewahren, das Alte wieder erhof­fen bis zur näch­sten Krise, son­dern gestal­ten, aus­bauen, sat­telfest machen. Und das mit allen Akteurin­nen und Akteuren, den Kul­turver­bän­den, Inter­essen­vertre­tun­gen und Insti­tu­tio­nen, den Kul­tur­räu­men, der Wis­senschaft und den Kul­turschaf­fend­en, Kün­st­lerin­nen und Kün­stlern selb­st. Und alle am besten an einem run­den Tisch Kul­tur. Demokratie, Par­tizipa­tion, Kol­legin­nen und Kol­le­gen.

Und daher unser Antrag, daher die Auf­gabe für solch einen run­den Tisch for­muliert:

„für die Kün­st­lerin­nen und Kün­stler, die Kul­turschaf­fend­en in Sach­sen auf der Basis ein­er aktuellen Bestand­sauf­nahme der Sit­u­a­tion in Kun­st und Kul­tur eine schlüs­sige und langfristige Strate­gie für ein vielfältiges und lebendi­ges kul­turelles Leben nach der Coro­n­avirus-Pan­demie zu erar­beit­en, diese in einem Kul­turen­twick­lungs­plan bzw. Lan­deskul­turkonzept für die Öffentlichkeit zu fix­ieren und dem Land­tag zur Beratung und Beschlussfas­sung vorzule­gen.“ That‘s it.

Ich kann ihnen nur rat­en, ignori­eren Sie die Kun­st und Kul­tur nicht, ich weiß, Sie ken­nen sie, die in Dres­den, das kann man auch am Haushalt 20/21 erken­nen, ich meine die gesamte Kun­st und Kul­tur im ganzen Land, ihr und ihnen ste­ht mit anderen eine gewaltige Auf­gabe bevor: Die Aufar­beitung der Coro­na-Zeit. Kun­st und Kul­tur geben Raum für Auseinan­der­set­zung mit der Zeit, dem indi­vidu­ellen Empfind­en, sind Orte der Emo­tio­nen, des Lachens, des Weinens, der Freude, Herz und Ver­stand. Sie kön­nen helfen Ein­schnitte und ihre Überbleib­sel wie die der Coro­na-Pan­demie zu ver­ar­beit­en.

Sie bere­ich­ern das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben in den Städten und Land­kreisen und brin­gen Men­schen in Gemein­schaft, das ist wichtig nach den Lock­downs.

Schätzen Sie sie, in dem Sie helfen einen Neube­ginn Kun­st und Kul­tur in Sach­sen zu einem Erfolg wer­den zu lassen, in dem die Akteurin­nen und Akteure an den poli­tis­chen Entschei­dun­gen mit teil­haben dür­fen, gehört wer­den. Das Sie, trotz der Beteuerun­gen seit­ens der Min­is­terin auf allen Ebe­nen mit der Kun­st- und Kul­turszene in Kon­takt zu ste­hen; den vie­len, vie­len Worten es nicht nötig haben, einen schwarzen Tep­pich vor dem Land­tag auszurollen, um auf sich aufmerk­sam zu machen, weil sie in der Poli­tik keine Rolle spie­len.

Dafür, für die Wertschätzung der Kun­st, Kul­tur und der Men­schen darin, stim­men Sie unserem Antrag zu und geben Sie damit die richti­gen Per­spek­tiv­en.