Kunst und Kultur brauchen Perspektiven

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Sehr geehrter Herr Präsi­dent, Kol­legin­nen und Kol­le­gen,

ich werde mich zu Beginn dem The­ma Kul­tur wid­men und meine Kol­le­gin Antje Feiks dann in ein­er zweit­en Runde dem Touris­mus.

Nun haben wir ja schon etliche lobende und preisende Worte über die säch­sis­che Kul­tur­land­schaft, ihre Reich­haltigkeit und Bre­ite ver­nom­men. Wie es gelun­gen ist sie zu erhal­ten, über die Zeit der Pan­demie zu ret­ten etc.

Soweit, so gut oder auch nicht… Ich möchte in diesen Kanon an dieser Stelle nicht ein­steigen. Unsere Frak­tion ist Oppo­si­tion und in dieser Auf­gabe verpflichtet, die Tätigkeit der Regierung und ihrer Frak­tio­nen zu kon­trol­lieren und zu hin­ter­fra­gen, auch mit Blick auf die Zukun­ft und die Entwick­lung unser­er Kun­st- und Kul­tur­land­schaft.

„Touris­mus und Kul­tur eröff­nen Per­spek­tiv­en“, ganz neben­bei: das haben Kun­st und Kul­tur schon immer getan, es ist ihnen imma­nent.

Kul­tur ist alles, was der Men­sch geschaf­fen hat: Sprache, Reli­gion, Kun­st, Kun­st­ge­gen­stände, Lit­er­atur, Musik, Tanz, Bil­dung, Tra­di­tio­nen, Sport und sog­ar Wirtschaft. All dies unter­schei­det uns vom Tier­re­ich, macht uns in dieser Prä­gung einzig auf der Welt und gle­ichzeit­ig lastet eine große Ver­ant­wor­tung für unser Han­deln auf unseren Schul­tern. Es ist nicht möglich, sich nicht mit Kun­st und Kul­tur zu befassen, sie sind all­ge­gen­wär­tig. Sie sind Nahrung und Grundbedürf­nis. Ein Jed­er und eine Jede prägt kul­turelle Ein­flüsse und wird durch sie geprägt, ganz egal, ob er oder sie bewusst oder unbe­wusst Kun­st und Kul­tur kon­sum­iert.

Woll­ten wir unsere Exis­tenz auf die abso­lut über­lebenswichti­gen Dinge, wie essen, trinken, schlafen beschränken, was wäre das für ein Leben. Der Men­sch braucht mehr: ein Extra, das sein Leben lebenswert macht.

Kun­st zeigt uns die Welt wie sie ist: bedrohlich, grausam, ver­störend, rät­sel­haft, aber auch wie wun­der­schön, beruhi­gend und inspiri­erend sie sein kann: sie gibt uns eine Vision/Perspektive, wie die Welt und das Zusam­men­leben auf ihr sein kön­nte. Sie liefert Denkanstöße für eine bessere Zukun­ft, gibt der Phan­tasie Raum und ver­führt im besten Fall zum Han­deln. Kün­st­lerin­nen und Kün­stler reflek­tieren und kri­tisieren das Jet­zt, das Ist, das Heute, sie schauen über den Teller­rand hin­aus. Sie set­zen sich mit momen­ta­nen Diskursen und Stim­mungen auseinan­der:  Kun­st ist ein Bren­n­glas, sie bildet Gesellschaft und ihre Ver­fehlun­gen ab. Und sie gibt die Empfehlung an die Mach­er der Umstände, also an uns, weit­er. Wir brauchen ger­ade in der heuti­gen Zeit die kri­tis­che Auseinan­der­set­zung mit der gesellschaftlichen Entwick­lung, die Kraft die der Kun­st und Kul­tur inne liegt uns nicht wieder der men­schlichen Ver­ro­hung Preis zu geben und der Ver­nun­ft­be­gabung die Absage zu erteilen. Und das ins­beson­dere mit Blick auf Krieg und Krisen in Europa.

Ger­ade jet­zt brauchen die Men­schen Kraft und Mut weit­erzu­machen, um ihre Zukun­ft pos­i­tiv zu kon­notieren, um eine Per­spek­tive zu haben.

Zitat Arthur Schopen­hauer: „Licht senden in die Tiefe des Men­schlichen Herzens, des Kün­stlers Beruf.“

Trotz der zen­tralen Bedeu­tung für jeden Einzel­nen und für die Gesellschaft, wer­den Kun­st, Kul­tur und kul­turelle Bil­dung, ins­beson­dere in Krisen­zeit­en, gern hin­te­nangestellt und ger­at­en dann, wenn die Kassen knap­per wer­den, in den Nim­bus, Nutznießer und Empfänger öffentlich­er Gelder zu sein. Dabei han­delt es sich jedoch nicht um die pro­fane Sub­ven­tion­ierung, son­dern um hand­feste Investi­tio­nen in die kul­turelle Infra­struk­tur von Städten, Gemein­den und Kul­tur­räu­men; in die The­ater, Orch­ester, Museen, Bib­lio­theken, Archive, Musikschulen, soziokul­turellen Zen­tren, Kinos, Kul­turvere­ine und Ver­bände, in die freie Szene und kul­turelle Bil­dung. In all die Orte, an denen die Kul­turschaf­fend­en, Kün­st­lerin­nen und Kün­stler, die Kreativ­en und Ehre­namtlichen tätig sind, arbeit­en und für unsere Gesellschaft wirken. Sie sind ein unser zen­traler Leben­snerv. Ein lebendi­ges kul­turelles Leben macht Städte, Gemein­den und Kul­tur­räume lebenswert und attrak­tiv, stiftet Gemein­schaft, bietet Anre­gung und Unter­hal­tung und trägt wesentlich zur Iden­ti­fika­tion mit dem Gemein­we­sen bei. Kun­st und Kul­tur sind also auch Standort‑, Touris­mus- und Wirtschafts­fak­tor und kön­nen Fachkräfte wer­ben und binden, und mit 3,9 Mil­liar­den Umsatz in der Kul­tur und Kreativwirtschaft in 2020 auch zur Wirtschaft­sleis­tung in Sach­sen beitra­gen.

Ich sagte es schon ein­mal: Es geht keine Lehrerin und kein Lehrer nach „Ober­pose­muck­el“, wenn sie/er kein Muse­um in der Nähe weiß, dass man besuchen kann, siedelt sich kein größeres Unternehmen dort an, wo es kein The­ater, keine Galerie, keine Musikschule gibt. Kun­st und Kul­tur haben also ein riesiges Poten­zial an Per­spek­tiv­en für unsere Demokratie und Gesellschaft. Stellt sich die Frage, welche Per­spek­tiv­en eröff­nen wir als Gesellschaft und Poli­tik der Kun­st und Kul­tur, der in ihr Täti­gen und ihren Rezip­i­en­ten und Rezip­i­entin­nen?

Kom­men wir doch zum Kern und schauen mal in Ihren Koali­tionsver­trag: was hat die Regierung von ihren Vorhaben umge­set­zt?

Da ste­ht unter anderem fol­gen­des geschrieben: „Wir ste­hen zum Säch­sis­chen Kul­tur­raumge­setz und entwick­eln es zeit­gemäß weit­er.” Da würde ich doch sagen: Chance ver­tan! Das zeigt überdeut­lich der Haushalt 23/24.

Und dabei hat­ten Sie die besten Anre­gun­gen seit­ens des Kul­turse­n­ats, ein von Ihnen hoch gelobtes Berater­gremi­um. Der fordert näm­lich, um die kul­turelle Infra­struk­tur in den ländlichen Gebi­eten nur zu erhal­ten, ist eine generelle Erhöhung der Lan­deszuweisung von­nöten. Nach dem Erhalt kommt die Weit­er­en­twick­lung und Pla­nungssicher­heit, die sind jedoch nur zu schaf­fen, wenn endlich, wie von uns seit Jahren gefordert, die Kul­tur­raum­mit­tel dynamisiert wer­den, genau wie die Kul­tur­pak­t­mit­tel.

Sie haben es ja noch nicht ein­mal im jet­zi­gen Haushalt geschafft, die Infla­tion und steigen­den Energiekosten abzudeck­en. Und die Tar­ifver­hand­lun­gen, wie wir ger­ade sehen, ste­hen ja auch nicht still. Immer auf Sicht fahren, ger­ade so erhal­ten, keine langfristige Strate­gie zu erken­nen, also nichts mit zeit­gemäßer Weit­er­en­twick­lung, Per­spek­tive. So hält man keine Fachkräfte. Denn was ist aus dem Ziel: Zitat „Dort wo der Freis­taat Sach­sen Kul­tur fördert, wird fair vergütet“ gewor­den? Nichts. Doch, ja es wird gere­det. Dabei gibt es aber schon längst Empfehlun­gen von Hon­o­rar­richtlin­ien z.B. vom Säch­sis­chen Musikrat, von den bilden­den Kün­stlern, dem Ver­band der freien darstel­len­den Kün­ste, von Ver.di: das hätte man schon längst in Angriff nehmen kön­nen.

Eben­so gehören die Lehrkräfte an den Musikschulen und die Musikschulen selb­st, als orig­inäre Orte der kul­turellen Bil­dung, mehr in den Fokus. Den Ver­di­enst der Musikpäd­a­gogin­nen und Päd­a­gogen, als ein Beispiel, bemisst die Kün­stler­sozialka­sse 2021 auf unter 13 000 € vor Steuern – im Jahr! Das sind unhalt­bare Zustände. Auch hier: Per­spek­tivlosigkeit. Kün­st­lerin­nen und Kün­stler haben Anrecht auf eine anständi­ge Ent­loh­nung, faire Arbeits­be­din­gun­gen und eine soziale Absicherung, auch für das Alter.

Und dann noch eine wun­der­bare Aus­sage: „Der Zugang zur Kul­tur darf keine Frage des Alters oder des Wohnortes, der Herkun­ft oder des sozialen Sta­tus sein… Unser gemein­sames Ziel ist der Abbau von Hür­den, welche die Teil­habe erschw­eren” Ich sage Ihnen eines: Jedes fün­fte Kind und Jede und Jed­er Dritte der 18–25 Jähri­gen in Sach­sen sind armutsge­fährdet. Sie kön­nen nicht ein­fach mal so mit den Öffentlichen, wenn diese über­haupt vorhan­den sind, los­fahren und ins The­ater, ins Kino, in ein Muse­um, zu einem Konz­ert gehen. Für sie sind die steigen­den Leben­shal­tungskosten Über­leben­skampf genug. Das hat mit Gle­ich­w­er­tigkeit und sozialer Gerechtigkeit nichts, rein gar nichts zu tun. Ihnen ist die Teil­habe am soziokul­turellem Leben ver­sagt. Per­spek­tivlosigkeit auch hier.

Noch ein­mal: Kun­st und Kul­tur wird eine her­aus­ra­gende Bedeu­tung für die gesellschaftliche Entwick­lung beigemessen, in ihr zeigen sich die Diskurse der Gesellschaft. Wer es also zulässt, dass nicht alle die Möglichkeit haben am kul­turellen Aus­tausch teilzuhaben, spielt mit den Per­spek­tiv­en für unsere Gesellschaft. Damit Kul­tur und Touris­mus heute und in Zukun­ft Per­spek­tiv­en eröff­nen kön­nen, brauchen sie selb­st eine. Daher liegt Ihnen heute ein Entschließungsantrag vor, der nichts anderes fordert, als die Umset­zung der The­men aus Ihrem Koali­tionsver­trag in Verbindung mit den Lehren aus der Pan­demie endlich umzuset­zen.

  • Die zeit­gemäße Weit­er­en­twick­lung des KRG im Kon­text der Lehren aus Pan­demie und Energiekrise
  • Endlich verbindliche Basis Hon­o­rare für eine faire Vergü­tung über­all wo der Freis­tatt Kul­tur fördert (Umset­zung des Beschlusses von der KMK) und die festver­ankerte tar­i­fliche Bezahlung in The­atern und Orch­ester
  • Die Umset­zung des Kul­turse­n­ats­bericht zum Kul­tur­raumge­setz und zu “Per­spek­tiv­en ein­er Kul­tur nach Coro­na”
  • Den Aus­bau der Gedenkstätte KZ Sach­sen­burg endlich voran­brin­gen
  • Die kul­turelle Teil­habe für alle ermöglichen und hier ein Konzept erstellen

Die Kün­st­lerin­nen und Kün­stler, Kul­turschaf­fend­en, Ehrenämtler und Kreativ­en und auch die Zukun­ft unser­er Gesellschaft wer­den es Ihnen danken, stimmten sie diesem Antrag zu.